Chronik

1906 – 1909

Froh, Frei, Stark und Treu lautete der Wahlspruch, als sich am 12. Mai 1906 (samstagabends um 19.30 Uhr) junge Turner und Leichtathleten zur Gründungsveranstaltung der „Freien Turngemeinde Rüsselsheim“ im Saalbau „Zur Rosenhöhe“ trafen. Dies war die Geburtsstunde der heutigen Turn- und Sportvereinigung (TuS) Rüsselsheim. Jean Harth, der spätere Landrat des Kreises Groß-Gerau, wurde zum ersten Vorsitzenden gewählt. Weiter gehörten Jakob Brand als Kassierer sowie August Schubode (1. Schriftführer) und Georg Loos (2. Schriftführer) dem ersten Vereinsvorstand an.

Die Anschaffung der ersten Turngeräte wurde durch die Ausrichtung von Theaterabenden finanziert. Vier bis fünf Stücke führte die Theatergruppe jährlich mit großem Erfolg auf. 1907 gründete der noch junge Verein auch einen eigenen Spielmannszug. Ebenfalls bildete sich aus den Reihen der Turner eine Gesangsriege.

Die ersten Übungen vollführten die Turner in der Rosenhöhe. Die dortige räumliche Ausstattung erwies sich jedoch als unzureichend, weshalb der Turnbetrieb kurzfristig in den Saal des „Adlers“ verlegt werden musste. Obwohl es damals Militärangehörigen „unter Androhung von Arrest“ verboten war, Auftritte der „Freien Turner“ zu besuchen, war der Zulauf riesengroß.

1910 – 1919

Turnen und Leichtathletik sind in den Anfangsjahren die tragenden Säulen des Vereins. 1911 wurde eine Fußballmannschaft gegründet. In den folgenden Jahren sorgte eine Athletenriege mit ihren Kraftsportdarbietungen und Pyramiden bei vielen Veranstaltungen für Furore. 1914 erwarb man von der Stadt an der Königstädter Straße ein Stück Land, das nach und nach in Eigenhilfe als Turn- und Sportplatz hergerichtet wurde. Derweil entstand innerhalb der Turnabteilung eine Faustballmannschaft, aus deren Reihen gut zehn Jahre später die Handballabteilung gegründet wurde. Zwischen 1914 und 1918 legte der Krieg die sportlichen Aktivitäten fast völlig lahm. Viele junge Burschen zogen ins Feld – und manche kehrten nicht mehr zurück. 1919 fanden die noch lebenden Aktiven wieder zueinander, riefen unter Leitung von Turnwart Wilhelm Schleppy als erstes wieder eine Turnabteilung ins Leben.

1920 – 1929

Zwei Jahre nach Kriegsende begann langsam wieder der normale Turn- und Sportbetrieb in den einzelnen Vereinssparten. Neuer erster Vorsitzender wird Heinrich Best, unter dem die Mitgliederzahl in den folgenden Jahren auf mehr als 400 anwuchs. 1921 schlossen sich der Fußballclub Hassia Rüsselsheim sowie der Athletenclub „Germania“ dem Verein an, der sich kurz darauf in Turn- und Sportvereinigung Rüsselsheim e.V. (TuS) umbenennt. Die TuS wird Mitglied im Arbeiter Turn- und Sportbund sowie im Arbeiter-Athletenbund.

1925 wurde aus den Reihen der Turner und Faustballer die Handballabteilung der TuS gegründet, die ein Jahr später das erste Freundschaftsspiel gegen die SKG Bauschheim mit 3:1 gewinnt. Zu dieser Zeit sorgte auch eine Parterreakrobatengruppe der TuS mit dem zungenbrecherischen Namen „Die 6 MARELEHABEDI für viel Aufsehen, die mit ihren Auftritten die Vereinsfarben weit über die Rüsselsheimer Grenze hinaus bekannt machten. Die außergewöhnliche Bezeichnung der Gruppe resultierte aus den Nachnamen ihrer sechs Mitglieder: Jakob *Ma*urer, Heinrich *Re*inheimer, Georg *Le*ichtweiß, Jakob *Ha*uf, August *Be*uerle und Fritz *Di*ehl. Wo sie auch auftraten, ob im Variete des damals sehr bekannten Frankfurter Schumann Theaters, bei der 1. Internationalen Arbeitersportolympiade in Frankfurt, bei der 550-Jahrfeier der Buchdrucker in Mainz oder beim Westdeutschen Turnfest in Mainz – sie wurden stets stürmisch gefeiert. Und sie waren echte Amateure, kassierten nie irgendeine Gage.

Auch auf kulturellem Gebiet war der Verein damals sehr rege: Die Fastnachtveranstaltungen (Maskenbälle und Sitzungen) sowie die Aufführung von Theaterstücken im Frankfurter Hof bzw. dem Adler-Saal waren sehr beliebt und stets ausverkauft.

1930 – 1939

Am 6. und 7. Juni 1931 feierte die TuS Rüsselsheim im Rüsselsheimer Volkshaus (der heutigen Stadthalle) ihr 25-jähriges Vereinsjubiläum.

Zwei Jahre später fand das gesamte sportliche Treiben und Vereinsleben durch das Verbot der Nazis ein jähes Ende. Das Sportgelände der TuS an der Königstädter Straße wurde dem Volksstaat Hessen überschrieben, ebenso das gesamte Vereinsvermögen eingezogen.

Der Verein war länger als zwölf Jahre zwangsaufgelöst; der Sportbetrieb ruhte.

1940 – 1949

Nach Ende des Krieges war 1946 die sportlose Zeit in Rüsselsheim beendet. Eine Sportgemeinde Rüsselsheim, an der auch die TuS beteiligt war, diente zunächst als Sammelbecken aller einheimischen Sporttreibenden. Am 8.3.1947 folgte dann in einer eigens einberufenen Generalversammlung die offizielle Wiedergründung der Turn- und Sportvereinigung 1906 e.V. Rüsselsheim. Zum 1. Vorsitzenden wurde Fritz Diehl gewählt.

Folgende Abteilungen gehörten der TuS damals an:
  • Turnen
  • Handball
  • Fußball
  • Kegeln
  • Schwimmen
  • Boxen

Die Stadt stellte dem Verein ein neues Sportgelände zur Verfügung. Dieses Gelände befand sich rechts neben dem heutigen Keglerheim, dort wo heute der Kurt-Schumacher-Ring verläuft und der Reitsportplatz ist. Luftminen hatten hier eine Lichtung in den Wald gerissen. Der damals völlig vom Wald umgebene Sandacker wurde im Lauf der Zeit von den Mitgliedern mit viel Idealismus zu einem herrlichen Rasensportplatz umgestaltet. 1949 geht dieses Sportgelände, das bis dahin gepachtet war, offiziell in das Eigentum der TuS über.

Bereits zuvor, im September 1948 wurde in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung der Bau eines eigenen Vereinsheimes mit Kegelsporthalle beschlossen. Noch im gleichen Monat erfolgte durch den damaligen Bürgermeister Ludwig Dörfler der Spatenstich. In den folgenden Monaten „klotzten“ die Mitglieder in zahlreichen freiwilligen Arbeitsstunden so richtig ran, so dass knapp ein Jahr später, am 6. August 1949, das neue Vereinsheim mit Kegelsporthalle eingeweiht werden konnte. Das Keglerheim war geboren!

1949 wandern die Boxer der TuS zum Rüsselsheimer Box-Club ab.

1950 – 1959

Zu Beginn der 50-er Jahre sorgten die TuS-Schwimmer weit über die Stadtgrenze hinaus für Aufsehen: Sie gewannen mehrere hessische Meistertitel und waren im Turm- und Kunstspringen auch erfolgreich bei den Deutschen Meisterschaften vertreten. Die leistungsstärksten dieser Wassersportler verließen aber 1954 die TuS und gründeten den Schwimmclub Rüsselsheim. Das leistungsbezogene Schwimmen sollte hier mehr in den Vordergrund gerückt werden. Bei der TuS wurden derweil – in Zusammenarbeit mit der DLRG – die Aktivitäten mehr auf das Rettungsschwimmen verlagert.

Auch die Handballer feierten derweil auf dem Großfeld ihre ersten Erfolge, schafften den Aufstieg in die Bezirksklasse Wiesbaden. Riesengroß das Interesse der Öffentlichkeit. Im April 1955 beispielsweise, als das Lokalderby gegen die TG Rüsselsheim anstand, erlebten 1000 Zuschauer den 15:4-Sieg der TuS.

Zum 50-jährigen Jubiläum wurde 1956 am Keglerheim ein Festzelt aufgestellt. Zahlreiche Ehrengäste feierten gemeinsam mit den Vereinsmitgliedern, bei einem Festabend mit buntem Programm, „ein halbes Jahrhundert TuS“.

Mit Wilhelm Hübner stellt die TuS im Jubiläumsjahr einen Nationalspieler im Asphaltkegeln. Im Ländervergleich gegen Jugoslawien vertritt er die Farben Deutschlands.

1956 erfolgte auch ein Wechsel in der Vereinführung. Peter Clemens übernahm das Ruder des ersten Vorsitzenden für die folgenden zwanzig Jahre.

1960 – 1969

Im November 1961 betätigten sich die Handballer der TuS als Pioniere der Städteverschwisterung zwischen Rüsselsheim und Evreux. Als einer der ersten Rüsselsheimer Sportvereine fuhren sie in die französische Schwesterstadt in der Normandie, wo sie von den dortigen Handballvereinen Coprim und Post empfangen wurden. Ein „Deal“ mit dem damaligen Sportamtsleiter Willi Hofmann hatte dies ermöglicht: Zu Gunsten des Nachbarn Turngemeinde Rüsselsheim verzichteten die TuS-ler damals auf Berufungen in die Handball-Stadtauswahl und bekamen als Gegenleistung für diesen Verzicht die Fahrt nach Evreux angeboten. Schon damals bahnten sich die ersten privaten Freundschaften an, die in den Folgejahren noch intensiviert wurden und auch 40 Jahre später beim Jahrtausendwechsel noch Bestand hatten. Unvergessen bleibt der 1. Mai 1962, als beim damals traditionellen Sporttag der Stadt Rüsselsheim 5000 Zuschauer im Stadion die Handball-Freundschaftsspiele der TuS-Teams gegen die Gäste aus Evreux verfolgten. Das sportliche Aufeinandertreffen stand allerdings nie im Vordergrund der alljährlichen Treffen; es war vielmehr nur Mittel zum Zweck.

Einschneidende Veränderungen gab es 1962 auf den drei Kegelbahnen im Vereinslokal. „Kegeljungen zum Aufstellen der Kegel müssen aus Sicherheitsgründen mindestens 18 Jahre alt sein“, lautete eine neue Vorschrift des Hessischen-Kegler-Verbandes. Weil sich in diesem Alter kaum jemand für diese nur gering entlohnte Tätigkeit interessierte, entschloss sich der Vorstand, die Bahnen mit einer Aufstell-Automatik auszustatten. Mit der Einweihung dieser Automatik am 17. Juni hatte somit die moderne Technik im Keglerheim Einzug gehalten.

1962 wurde innerhalb der TuS auch eine neue Fußballabteilung gegründet. Die Fußballer rekrutieren sich vornehmlich aus Bewohnern des Opel-Wohnheimes, deren Leiter Reinhold Jablonski als langjähriges, engagiertes Vereinsmitglied der TuS auch für die sportliche Betreuung der Kicker verantwortlich zeichnete. Zwei Jahre war die TuS am Punktspielbetrieb der B-Klasse beteiligt, ehe sich einige Fußballer des Wohnheims beruflich veränderten und deshalb nur noch eine Sondermannschaft gemeldet werden konnte.

1967 müssen die Sportler der TuS umziehen: Das vereinseigene Sportgelände rechts neben dem Keglerheim, mit dem vom Wald umgebenen Rasenplatz, wird im Einvernehmen mit der Stadt gegen das etwas größere Gelände links vom Keglerheim getauscht. Eine Maßnahme, die wegen der Planung des heutigen Kurt-Schumacher-Rings, der Mitten durch unser altes Sportgelände führt, unumgänglich war. Die Stadtkasse war seinerzeit noch prall gefüllt, weshalb die TuS mit großzügiger finanzieller Unterstützung der Kommune auf dem neuen Gelände vier Kleinfeld-Rasenplätze anlegen sowie Umkleide- und Duschkabinen bauen konnte.

Auf dem neuen Sportgelände laden die Handballer 1967 erstmals auch zu ihrem Spießbratenessen am Vatertag ein.

1970 – 1979

Überwiegend in Eigenhilfe erfolgte 1970 der Umbau der Kegelbahnanlage im Vereinslokal. Sie wurde von drei auf fünf Asphaltbahnen erweitert und auf Spellmann-Automatik umgerüstet. Auch der Kegelvorraum wurde komplett renoviert. Die Einweihung nahm am 8. Mai Stadtrat Erich Solberg vor. Als besondere Attraktion standen die TuS-Kegler dabei in einem freundschaftlichen Wettkampf dem Bundesligisten KV Offenbach gegenüber.

Die TuS Rüsselsheim erhielt in den siebziger Jahren weiteren Zuwachs, als 1971 zunächst eine Volleyballabteilung und drei Jahre später die Bowlingabteilung gegründet wurden.

Die Mitgliederzahl der TuS durchbricht dadurch die magische „Tausender-Grenze“: 1975 zählt der Verein knapp 1.100 Mitglieder.

1975 endet auch die Ära des Peter Clemens. Fast zwanzig Jahre hat er als Vorsitzender den Verein geführt. Gemeinsam mit Fritz Stelz hatte Clemens noch für seine besonderen Verdienste vom Landessportbund Hessen die Ehrennadel in Bronze überreicht bekommen, ehe er von Alfred Lederer an der Spitze abgelöst wurde.

1979 macht der plötzliche Tod von Alfred Lederer einen Wechsel in der Vereinsführung erforderlich. Hans-Jürgen Barwig führte fortan die Geschicke der TuS.

Dem enormen Boom in Deutschland folgend, wurde im gleichen Jahr die Tennisabteilung der TuS gegründet. Zweifellos eine richtige Entscheidung, denn nicht nur ehemalige Handballer wurden damals wieder aktiv, sondern auch viele neue Mitglieder fanden dadurch den Weg zur TuS.

Der Verein nahm auch eine hochleistungssportorientierte Kunstturnriege auf. 14 aktive Turnerinnen wechselten vom Nachbarverein TG zur TuS. Mit ihnen kam ebenfalls ein renommiertes Trainerehepaar: Elisabeth und Hans Timmermann (zuvor Bundestrainer).

1980 – 1989

Vom 20. bis 22. Juni 1980 fand in der Rüsselsheimer Köbelhalle die Deutsche Kunstturnmeisterschaft statt. Die Eheleute Timmermann hatten, unterstützt vom TuS-Vorsitzenden Hans-Jürgen Barwig, ihre guten Beziehungen spielen lassen, damit diese Großveranstaltung in der Opelstadt ausgetragen werden konnte. Für die TuS gestaltete sich die Meisterschaft auch in sportlicher Hinsicht zu einem absoluten Höhepunkt, denn mit Ulrike Schüßler erkämpfte sich eine TuS-lerin den deutschen Meistertitel im Achtkampf sowie am Schwebebalken.

Ein Jahr später, 1981, feierte die Turn- und Sportvereinigung ihren 75. Geburtstag. Die Jubiläumsfeierlichkeiten fanden im August statt, wobei der akademische Teil im Foyer des Stadttheaters über die Bühne ging. Dr. Franz-Josef Kemper, als Mittelstreckler (800 und 1500 m) ein ehemals international bekannter Leichtathlet, hielt dabei eine viel beachtete Festrede. Er blickte ausführlich auf die Entstehung der Arbeitersportbewegung zurück und ging auch auf besondere Ereignisse bei der TuS ein. Viele sportliche Veranstaltungen der einzelnen Abteilungen bildeten im Laufe des Jahres den Rahmen für das Jubiläum, das im Festzelt auf dem Sportgelände am Keglerheim mit einem Frühschoppen ausklang.

1982 werden zwei neue Abteilung innerhalb der Turn- und Sportvereinigung gegründet: Karate und Leichtathletik. Durch diesen stetigen Zuwachs hat der Verein vier Jahr später mit mehr als 1300 Mitgliedern den bis dato höchsten Mitgliederstand erreicht.

Die Hessischen Kunstturnmeisterschaften wurden 1986 von der TuS ausgerichtet. Martina Schubert und Dagmar Badenius erkämpfen für den Veranstalter Hessentitel.

Im Juni 1986 startete, anlässlich der 25-jährigen Verschwisterung mit Evreux, der erste Partnerschaftslauf der TuS-Leichtathleten (verstärkt durch einige Handballer) von Rüsselsheim in die französische Schwesterstadt. Bis ins letzte Detail wurde dieser Lauf über eine Gesamtstrecke von 689 km vom 2. TuS-Vorsitzenden Werner Mack geplant.

Mit Martin Schlappner wird erstmals in der Vereinsgeschichte ein TuS-Präsident gewählt, während 1987 Walter Raschel das Amt des 1. Vorsitzenden übernimmt.

Außerhalb des sportlichen Alltagsgeschehens sorgten in der zweiten Hälfte der 80-er Jahre beabsichtigte Baumaßnahmen für viel Gesprächs-, ja sogar einigen Zündstoff im Verein. „Für eine bessere Nutzung des vereinseigenen Sportgeländes zukunftsorientierte und finanziell tragbare Alternativen zu erarbeiten sowie auf längere Sicht neue Einnahmequellen zu schaffen“, lautete der Auftrag an die neu gebildete Arbeitsgruppe „Bauvorhaben TuS Rüsselsheim“. Nach zahlreichen Sitzungen erarbeitete dieser Bauausschuss in Zusammenarbeit mit einem Architekturbüro diverse Alternativen, wobei der Ausschuss den Bau einer Drei-Feld-Tennishalle, Erweiterung der Kegelbahnen, Bau neuer Sanitäranlagen/Umkleidekabinen sowie die Einrichtung eines Biergartens favorisierte. Eine Maßnahme, die etwa 1,5 bis 1,7 Mio DM verursacht hätte. Eine Summe, die bei vielen Vereinsmitgliedern für Bauchschmerzen sorgte. Obwohl der Bauausschuss, dessen Konzept in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am 4. Dezember 1987 im Foyer der Stadthalle von Gunter Müller, Martin Schlappner und Dieter Wieczorek vorgestellt wurde, eine langfristige Amortisierung der Kosten minutiös und schlüssig darlegte, lehnte die gut besuchte Versammlung nach teilweise hitzigen Diskussionen das Konzept des Bauausschusses knapp ab: 83 Nein- standen lediglich 78 Ja-Stimmen (bei 4 Enthaltungen) gegenüber. Auch eine mittlere Lösung (Kostenrahmen zwischen 400 und 500 TDM) fand seinerzeit keine Zustimmung. Stattdessen wurde ein kurzfristig eingebrachter Kompromissvorschlag „Umbau der Duschräume“ angenommen, die kleinste aller vorstellbarer Maßnahmen, deren keinesfalls geringen Baukosten zudem keine Einnahmen gegenüberstanden. Viele Mitglieder waren der Meinung, dass die TuS damals eine große Chance verpasst hat. Ebenso viele atmeten aber tief durch, waren erleichtert, dass ihrem Verein ein vermeintlich „finanzieller Drahtseilakt“ erspart blieb.

Kurz vor Beginn des letzten Jahrzehntes im zweiten Jahrtausend sinkt die Mitgliederzahl rapide: Nacheinander verlassen die Karatekämpfer, die Volleyballer und die Leichtathleten die TuS.

1990 – 1999

Eggert Badenius, gleichzeitig auch Leiter der Turnabteilung, wurde im April 1991 zum neuen 1. Vorsitzenden der TuS gewählt. Wenig später, am 1. Mai 1991, ging ein seit langem bestehender Wunsch vieler Mitglieder in Erfüllung: Der Biergarten wurde eingeweiht; fortan konnte also an lauen Sommerabenden „das Schöppchen am Keglerheim unter freiem Himmel gepetzt werden“.

Einige Turbulenzen hatte die TuS in den Jahren 1992 und 1993 zu verkraften. Bedingt durch den erfolgten Neu- und Umbau der Duschen, Umkleideräume und Sanitäranlagen waren die Verbindlichkeiten des Vereins auf mehr als 420.000,00 DM angewachsen. Auf den ersten Blick sicherlich ein recht hoher Betrag, doch angesichts des vorhandenen Grundbesitzes mit eigenem Vereinsheim war man noch weit von einer Überschuldung entfernt. Dem Vorstand gefiel diese Entwicklung jedoch nicht. Er führte Gespräche mit der Stadt, wollte ein Teil des Sportgeländes verkaufen. Die Stadt unterbreitete der TuS ein Millionen-Angebot für eine Teilfläche von c.a. 17.000 qm. Der damalige Vorstand votierte mehrheitlich für die Annahme dieses Angebotes, wollte mit dem Verkaufserlös einerseits die Schulden ablösen, andererseits aber auch in die einzelnen Sportabteilungen investieren. Zwei außerordentliche Mitgliederversammlungen lehnten dieses Ansinnen jedoch mit deutlicher Mehrheit ab, weshalb Eggert Badenius sein Amt als 1. Vorsitzender umgehend zur Verfügung stellte. Auch der seit 1979 als Schatzmeister tätige Fritz Bloedow trat zurück.

Die TuS stand urplötzlich ohne Führung da. Doch mit Gunter Müller übernahm ein stets rühriges Vereinsmitglied die Initiative: Er startete das Aktionsprogramm „Rettet die TuS“. Schon zwei Tage nach dem Rücktritt der Führung trafen sich einige Mitglieder zu ersten Gesprächen, viele erklärten sich zur Mitarbeit und künftigen Übernahme von Vorstandsämtern bereit. Ein Sanierungsprogramm wurde erarbeitet und in der Jahreshauptversammlung am 2. April 1993 mit Heinz Seipel ein neuer Vorsitzender gewählt. Frischer Elan und neue Ideen bei der TuS waren in der Folge offenkundig.

Im Juni 1993 wurde von 18 Wanderfreunden die Wanderabteilung der TuS gegründet.

Mit einem Disco-Abend, einem Kindernachmittag, einer akademischen Feier, einem Bunten Abend mit der „Manhattan Showband“ sowie einem Frühschoppen feiert die TuS vom 5. bis 7. Juli 1996 im Festzelt auf ihrem Sportgelände das 90-jährige Jubiläum.

Nach 91 Jahren ihres Bestehens durfte die TuS ein Jahr später erstmals den Weltmeistertitel eines Vereinsmitgliedes bejubeln: Kegler Stefan Beck sicherte sich bei den Junioren-Weltmeisterschaften in Trebishov (Slowakei) mit tollen 985 Holz den Einzeltitel. Als „König von Trebishov“ feierte der Deutsche Keglerbund den TuS-Sportler in einer Pressemitteilung, nachdem dieser auch noch in der Kombiwertung die Nase vorne hatte. Trotz der tollen Erfolge auf internationaler Ebene und der nachfolgenden Abwerbeversuche diverser Bundesligisten, blieb Stefan Beck den TuS-Keglern zunächst weiter treu, ehe er später zum Bundesligisten Olympia Mörfelden wechselte.

2000 – 2009

Das neue Jahrtausend begann für die TuS gleich mit einem Jubiläum: Die Handballabteilung feierte im Jahre 2000 unter der Schirmherrschaft des damals neu gewählten Oberbürgermeisters Stefan Gieltowski ihr 75-jähriges Bestehen. Höhepunkte der Feierlichkeiten waren am 12. August ein Kinderfest auf dem Sportplatz sowie abends ein Live-Konzert der Rüsselsheimer Band „The Shadows of Elvis“. Ein tolles Ereignis war auch am 21. Oktober der lockere Jubiläumsball mit Ehrungen im Festungskeller der Stadt.

2001 wird innerhalb der Turn- und Sportvereinigung die Tanzsportabteilung gegründet.

Bei den Handballern wird im Frühjahr 2004 ein überraschender Schritt vollzogen, der auf lokaler Ebene durchaus für einiges Aufsehen sorgte, dabei aber überwiegend auf Zustimmung stieß: Im Aktivenbereich schließt sich die TuS mit dem alten Konkurrenten SKG Bauschheim zu einer Männerspielgemeinschaft (MSG) zusammen. Die erste gemeinsame Saison in der Bezirksoberliga gestaltet sich für die MSG TuS Rüsselsheim/SKG Bauschheim auf dem Spielfeld nicht einfach, doch nach Trainerwechsel und einem geglückten Endspurt schließt die Mannschaft die Saison noch als Tabellenzehnter ab.

2004 wurde auch endlich gut, was lange währte: Die für den Sportbetrieb noch nie benötige Teilfläche unseres Geländes (in der Ecke am äußeren linken Rand, direkt neben dem Försterhaus), die nach langwierigen Verhandlungen mit Nachbarn und Stadt in Bauland umgewidmet wurde, konnte verkauft werden. Gemäß Beschluss der Mitgliederversammlung darf der Kaufpreiserlös keinesfalls in den Sportbetrieb fließen. Vielmehr soll er vorerst für dringend nötige Investitionen (Vereinslokal u.s.w.) angelegt werden.

Besondere Ehre für einen eingefleischten TuS-ler: Horst Maybach, mehr als 30 Jahre als erfolgreicher Jugendtrainer bei den Handballern tätig, wurde für seine Verdienste mit dem Sportbundpreis 2004 ausgezeichnet.

Im Juni 2005 bekommt die TuS mit Detlev Esser einen neuen 1. Vorsitzenden. Nach zwölf verdienstvollen Jahren an der Vereinsspitze kandidierte sein Vorgänger Heinz Seipel bei der Jahreshauptversammlung nicht mehr. Er wird zum Ehrenvorsitzenden ernannt.

Das Keglerheim unter neuer Leitung: Maria Karipidou und Dimitri Lespouridis übernehmen als neue Pächter unsere Vereinsgaststätte.

Auch die TuS „geht mit der Zeit“ – und lässt 2005 ihren Internetauftritt (www.tus-ruesselsheim.de) in neuem Glanz erscheinen, Sportlich ist man derweil mit einigen Turnerinnen sowie den AH-Handballern beim 32. Deutschen Turnfest in Berlin aktiv.

Derweil laufen im schon lange gebildeten Festausschuss die Vorbereitungen auf das Jahr 2006 auf Hochtouren. Dann wird die TuS Rüsselsheim 100 Jahre – und das soll schließlich gebührend gefeiert werden.

Das Jahr 2006 steht dann ganz im Zeichen unseres 100. Geburtstages. Von Januar bis Dezember finden anlässlich dieses Jubiläums zahlreiche Veranstaltungen statt. Furioser und wohl lange unvergesslicher Start war dabei zum Auftakt die tolle Silvesterfeier auf dem Vereinsgelände.

Die akademische Feier war am 12. Mai – als Tag genau an unserem Geburtstag – im Adlerpalast. Als Schirmherrin musste die damalige Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul ihre Teilnahme aus terminlichen Gründen kurzfristig absagen.

Zwei Wochen danach (vom 25. bis 28. Mai) wurde vier Tage lang auf dem Vereinsgelände kräftig gefeiert. Beginnend mit dem traditionellen Spießbratenessen am Vatertag. Dann die Wanderung „Rund um Rüsselsheim“ mit anschließendem Bunten Abend unter musikalischer Begleitung der „Schlawiner“. Und natürlich das gigantische Konzert der Band „Good News“, die mit ihren Songs, Bässen und Drums nicht nur das ganze Festzelt sondern auch die Siedlung zum Beben brachte. Sonntags bildete dann ein Frühschoppen den gemütlichen Abschluss dieses gelungenen und durchweg gut besuchten Festwochenendes.

Das Jubiläumjahr endet im Dezember mit dem Weihnachtsmarkt rund um die Grillhütte als gemeinsame Abschlussveranstaltung aller Abteilungen.

Zwischendurch feierte auch noch die Tennisabteilung ihr 25-jähriges Bestehen mit einem Sommerfest. Obwohl die nicht mehr bespielbaren Hartplätze zurückgebaut werden mussten.

2008 gibt es einige sportliche Erfolge zu feiern: Die Kegel-Damen steigen in die Hessenliga auf, auch die Kegel-Herren eilen von Sieg zu Sieg. Und die Handballerinnen werden direkt im ersten Jahr ihrer Neugründung Erster in der Bezirksliga B.

Es gibt in diesem Jahr aber auch Anlass zur Trauer: Martin Schlappner, einziger Präsident in der TuS-Historie, verstirbt nach langer Krankheit am 25. November.

Im Mai 2009 platzt die Sporthalle in Bauschheim aus allen Nähten: Die MSG-Handballer von TuS und SKG machen dort mit einem 25:20-Erfolg gegen Heppenheim die Meisterschaft in der Bezirksoberliga perfekt. Unter der Regie von Trainer Wladimir Daschevski steigen sie in die Landesliga Süd auf, aus der sie allerdings dann ein Jahr später als unglücklicher Zwölfter wieder raus müssen.

Im gleichen Monat wird Keglerin Stephanie Geb U23-Hessenmeisterin. Bei den Deutschen Meisterschaften in München wird sie 13.

Derweil geht in Frankfurt das nächste Deutsche Turnfest über die Bühne. Unter der Federführung von Ingrid und Erich Stopper übernimmt die TuS die Betreuung von rund 400 Teilnehmern (vorwiegend aus der Pfalz), die in der Friedrich-Ebert-Schule (heute Sophie-Opel-Schule) untergebracht werden.

2009 wird auch die Vereinsgaststätte Keglerheim umfangreich modernisiert: Ein neuer Bodenbelag, neuer Anstrich und eine neue Theke (inclusive Kühltechnik) lösen die ins Alter gekommene Einrichtung ab. Nach deshalb zwischenzeitlich notwendiger Schließung erfolgt am 18. September die offizielle Wiedereröffnung.

2010 – 2019

Zu Beginn des nächsten Jahrzehntes geht die Fußballabteilung der TuS erstmals in der C-Klasse Groß-Gerau wieder mit einer Männermannschaft an den Start.

Auf dem Sportgelände werden zwölf neue Bäume gepflanzt (acht Säulenhainbuchen und vier Kugelahorne).

Das ehemalige Platzwärterhäuschen wird zur neuen Vereinsgeschäftsstelle umgestaltet.

2011 schließt sich die Tanzsportabteilung der TuS mit dem SSV Raunheim zusammen, deren neu gebildete Formation „Dancing Fire“ dann eine Jahr später in der Kategorie „Schautanz Charakter“ mit der getanzten Version „Kein Weg zurück“ binnen weniger Wochen tolle Erfolge einheimst: Vize-Hessenmeister, Deutscher Meister und schließlich Vize-Europameister.

Mit ihrem neuen Trainer Siggi Groneberg steigen die Handballerinnen in die Bezirksoberliga auf.

Im gleichen Jahr beginnt im Oktober unter Federführung von Klaus Friedrich die Sanierung der Grillhütte, die dann – pünktlich zum Spießbratenessen am Vatertag – fertiggestellt ist. Die Handballer können stolz auf die in Eigenhilfe neu gebaute Hütte sein.

2012 Eine Epoche geht zu Ende. Nach nunmehr 38 Jahren Bowlingsport unter den Fahnen der TuS Rüsselsheim haben sich bei den beiden Mitgliederversammlungen der Abteilung keine Mitglieder gefunden, die bereit waren die Führungsarbeit in der Abteilung zu übernehmen. Daraus folgte am 15.04.2012 der unausweichliche Beschluss der anwesenden Mitglieder die Abteilung aufzulösen!

2013 wird im Keglerheim auch eine neue Heizungsanlage eingebaut, die nun ebenso die Gaststätte wie auch die darüber liegende Wohnung erwärmt.

Mit 1956 Holz wird U23-Kegler Fabian Weyrich im Jahr 2014 Dritter bei der Deutschen Meisterschaft.

Zur Tanzgemeinschaft mit Raunheim hat sich mit dem TV Hausen ein dritter Verein gesellt. Schon 2015 ertanzt sich diese neue Formation im Charaktertanz die Hessen-, die Deutsche- und am 3. Mai in Hanau auch die Europameisterschaft. Zwei Jahre später kündigt Hausen jedoch diese Tanzsportgemeinschaft kurzfristig auf, weshalb die TuS-Mädels in der folgenden Saison unter dem Dach der SSV Raunheim an den Start gehen müssen.

Zwischenzeitlich ist die TuS 2016 – mit einem Verpflegungsstand an den Opel-Villen – am hessischen Walking-Tag des Rundfunksenders HR4 beteiligt.

Im gleichen Jahr erhält unsere Geschäftsstelle am 11. März ungebetenen Besuch: Die Einbrecher hinterlassen hierbei einen erheblichen Schaden. Wie dann auch ein Jahr später, als die Tennishütte aufgebrochen wird.

In einer außerordentlichen Mitgliederversammlung stimmen die Mitglieder am 18. Mai 2017 einem Teilverkauf unseres Vereinsgeländes (rund 3500 qm) an die Stadt Rüsselsheim zu. Hierauf soll dann – vornehmlich für schulische Zwecke – von der Kommune ein neuer Kunstrasenplatz errichtet werden.

Im Sommer erhalten die Handball-Männer Zuwachs, nachdem der TV Königstädten als weiterer Kooperationspartner aufgenommen wird. Als MSG Rüsselsheim/Bauschheim/Königstädten spielt die erste Mannschaft weiterhin in der Bezirksoberliga Darmstadt. Hingegen lösen die Frauen ein Jahr später ihre Spielgemeinschaft mit dem FV Hellas wieder auf. Große Personalprobleme sorgen für den Abstieg in die B-Liga, wo die TuS fortan wieder solo an den Start gehen wird.

Dagegen jubelt 2018 die Kegelabteilung der TuS. Als souveräner Meister steigen die Männer nämlich in die Hessenliga auf – und haben künftig noch großes vor: Denn der ehemalige Junioren-Weltmeister Stefan Beck kehrt nach vielen Jahren als Spitzensportler vom Bundesligisten Mörfelden zur TuS zurück – als Trainer und Spieler der ersten Mannschaft, Zudem wird Fabian Weyrich erneut Hessenmeister – diesmal sogar bei den Männern!

Erstmals muss aufgrund der Vorschriften nach der neuen Datenschutz-Grundverordnung und dem neuen Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) für den Verein ein Datenschutzbeauftragter ernannt werden. Sascha Stopper wird einstimmig gewählt.

2019 hat die Kegelabteilung erneut Grund zum jubeln: Die Damenmannschaft schafft souverän die Meisterschaft und steigt in die Regionalliga auf. Derweil qualifizieren sich Patrick und Fabian Weyrich für die Deutschen Einzelmeisterschaften.